Der 11.Mai – vor dem ich Angst hatte
Der 11.Mai – vor dem ich Angst hatte

Der 11.Mai – vor dem ich Angst hatte

Es ist in dem letzten Jahr so viel passiert, ich hätte es vor einem Jahr nicht gedacht, nicht für überhaupt möglich gehalten, das so zu erleben oder sogar überhaupt so zu denken, wie ich jetzt nach einem Jahr denke und auch handle…. 

Nun ist der Jahrestag von Sybille vorbei und ich kann sagen, ich habe ihn und das Jahr doch besser ”überstanden” als noch vor einiger Zeit gedacht. Schon einige Tage vorher stellte sich so ein unbestimmtes Bauchgefühl ein, war doch etwas aufgewühlt und habe wieder sehr viel mehr an Sybille gedacht und am Tag vorher hatte ich dann so meine Momente… ich entschloss mich dazu wieder einmal etwas zu schreiben. Das hatte mir ja vorher auch schon oft geholfen. So war es auch jetzt gut, seine Gedanken schweifen zu lassen, sie aber zu notieren. Am Tag selber hatte ich zwei Erstkommunion und die ersten Bilder für die Ausstellung kamen in der Galerie an die Wand. Ich hatte also einiges zu tun und war so etwas abgelenkt. Die Gedanken waren auch viel bei Sybille, aber die Dankbarkeit machte sich breit, ganz ohne Schmerz. Natürlich, die Traurigkeit wird bleiben, aber ich akzeptiere alles.

Und warum konnte ich die Zeit so “gut überstehen”? Weil ich wahnsinnig viel gemacht habe, um das Ganze zu greifen und zu begreifen, habe damit zu leben gelernt und mit dem Tod von Sybille bin ich immer ganz liebevoll umgegangen. Das war oft sehr hart, aber da hat mir mein Bauchgefühl, oder wie man auch immer das unbestimmte Gefühl nennt, was man manchmal auch garnicht richtig beschreiben kann, sehr geholfen. Ich habe bewusst gefühlt, erlebt, gelitten, bin dankbar gewesen, habe geheult wie ein Schlosshund, gelacht bei unsern vielen schönen Erinnerungen, war aber auch wütend. Habe vieles mit anderen geteilt, bin aber oft in mich versunken und habe viel gelitten, ganz für mich alleine. Alles das habe ich einfach zugelassen, egal ob mir das in der Öffentlichkeit passierte oder im stillen Kämmerlein. Der Kopf hatte ja schon früh begriffen, dass es kein Zurück mehr gibt, so sehr man sich das auch wünscht und ich habe gemerkt, ich muss mit dem Verstand mitten durch die Trauer gehen und der Seele und den Emotionen die Zeit lassen, die sie brauchen. Irgendwann folgte die Seele dem Verstand und auch durch den liebevollen Umgang mit der Trauer war alles einfach besser zu ertragen. Die schönen Erinnerungen und Gedanken an Sybille übernahmen die Regie und damit ging es mir einfach besser, nur so konnte es mir überhaupt besser gehen. Mir wurde aber auch immer mehr bewusst, was der Tod natürlich eine Erlösung für Sybille war und ich muss offen eingestehen: auch für mich. Ich möchte mir garnicht ausmalen, wie es überhaupt hätte weiter gehen können…. Hätte ich das überhaupt bewältigen können? Fragen in der Richtung stelle ich mir  inzwischen aber keine mehr, ich bekomme ja sowieso keine Antworten. Wer kann schon in die Zukunft blicken.

Auch wenn immer mal heftige Momente der Trauer aufblitzten, ich verstand sie, konnte sie einordnen, damit umgehen und somit waren sie schneller wieder überwunden. Und seit Ende Januar habe ich ja auch jemanden, der einfühlsam auf diese Momente reagieren und mich auffangen konnte. Das empfinde ich in der ganzen Geschichte als so so wertvoll und mein Blick konnte noch besser wieder nach vorne gehen, bei allem was einen eben immer mal wieder einholte. Und ich konnte selbst auch helfen, wenn es auf der anderen Seite mal schwierig wurde. Die Rede ist hier von der (neuen)Liebe, die sich für mich wie aus dem Nichts neu auftat, ein wahnsinniges Geschenk. Ich hätte nicht gedacht, einmal zwei Personen so lieben zu können. Klar, beides ist sehr unterschiedlich, aber wenn man nicht bereit ist, dann kann sich dieses schöne Gefühl der Liebe halt auch nicht (wieder) ausbreiten. Gerade in der letzten Zeit hat Sybille wieder großen Anteil an meinem neuen Leben gefunden, immer mit positiven Gedanken. In Gedenken an sie plane ich ja gerade meine Ausstellung, die ich ihr gewidmet habe. Ich will meine Sybille auch garnicht vergessen, kann sie garnicht vergessen, nach 35 gemeinsamen Jahren ist man so geprägt… Und das Schöne ist: auf der anderen Seite ist es genauso und keiner will dem anderen etwas “verbieten” und man muss nichts unterdrücken. So, denke ich, habe ich meinen zwangsweise neuen Weg gefunden und ich geh ihn nicht mehr alleine. Wie wunderschön ist das? Ich wusste auch schon vorher, wie kostbar eine Beziehung ist, jetzt steht das unter einem ganz neuen Stern der Liebe und wir lassen ihn ganz bewusst leuchten, ein ganz besonderes Geschenk und unsere Verstorbenen sind immer dabei…

Auch hier schwebt jetzt dein Geist oberhalb von Toblach, an deinem Sehnsuchtsurlaubsort

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