Notizen zum nicht gefeierten 55ten
Am liebsten würde ich dich jetzt in den Arm nehmen, dich ganz dolle drücken und dir alles Liebe und Gute zum Geburtstag wünschen. Die Schnapszahl wäre ein Anlass für dich, etwas nicht ganz Ernst zunehmendes zu bemerken wie etwa: „Mit 55 Jahren hört das Leben bald auf“ – sehr frei nach U.Jürgens. Aber es ist anders und du bist nicht mehr hier und kannst nicht mehr dich nicht so ernst nehmen.
Du hast dir auch nie etwas aus solchen Tagen gemacht, aber eine obligatorische Torte eines bekannten deutschen Herstellers war immer gesetzt und genau erinnere ich mich an den Moment, als ich dir 2021 das Trike zum Geburtstag geschenkt habe. Du hattest dich mittags wie üblich mit den Hunden auf den Hundeplatz begeben und im Wohnwagen geschlafen. Ich habe das Trike schnell abgeholt und in die Garage gestellt. Als du zurück vom Hundeplatz das Trike da stehen sahst, warst du total irritiert, weil ja dein Vater so eins auch hat, dieses aber irgendwie anders aussah. Aber dein Vater war nicht zu Besuch… Die Überraschung war mir wirklich gelungen und du hast dich so riesig gefreut, denn das Trike gab dir wieder ein großes Stück Freiheit zurück. Wie schön wäre es, wenn ich dich wieder einmal überraschen könnte.
Wie so oft an solchen Tagen habe ich heute Dienst und ob mir irgendwie zum Feiern zumute ist? Irgendwie fühlt sich der heutige Tag sehr bedrückend an. Feiern natürlich nicht, eher Gedenken! Mir geht es ja eigentlich sehr gut, aber das heute ist doch wieder einmal eine andere Hausnummer. Ich will es nicht, aber mein Gemüt will es mit mir aufnehmen und ich werde schwach. Vielleicht gut, dass ich gleich zum Dienst muss. Nachher werde ich meine Gedanken nochmal sortieren, dann ist ja der halbe Tag wenigstens schon gelaufen.
15.00 Uhr und jetzt sitze ich beim Cappuccino und ich bin gerade einfach nur leer. Im Dienst kamen permanent Gedanken an Sybille hoch und sie machen mich einfach nur ziemlich traurig. Anders als sonst „nur“ traurig, es ist keine Verzweiflung dabei und auch kein Schmerz. Ich möchte an die schönen Dinge unserer gemeinsamen Zeit denken, aber ich werde gerade einfach überrollt von einer Welle trauriger Emotionen. Ablenkung in der Arbeit konnte ich heute morgen nicht finden, ich war wieder einmal sehr unkonzentriert. Sylvia muss noch arbeiten, aber vielleicht kann sie mich später auffangen, das ist gerade meine Hoffnung. Sie weiss wie das ist, sie wird mir nichts vorspielen und einfach nur für mich da sein. Vielleicht brauche ich das? Einsam wie gerade ist nicht wirklich zielführend. Eine Kerze für Sybille hilft gerade auch nicht wirklich, aber ich zünde eine in ihrer Ecke an. Und gerade sehe ich mich heute Abend nicht im Dienst…. werde ihn absagen. Hoffentlich stoße ich auf Verständnis, wobei mir das gerade ganz egal ist….. es geht nicht!
Bin dann abends noch von Zuhause raus und zu Sylvia gefahren, der einzig mögliche Weg heute und wir haben geredet, geschwiegen, geweint und sie hat mich getröstet, gerade wozu Bedarf war. Der Tag ist nun endlich vorbei, der Blick geht wieder mehr nach vorne, statt wie an solchen Tagen eindeutig zuviel zurück. Man weiss das vorher vielleicht schon, bzw. man ahnt es vielleicht, aber die Heftigkeit kann man nicht steuern. Man braucht in so einer Situation das dann gerade passende Umfeld…und Sylvia hat es mir gegeben, das 100prozentige Verständnis für meine Gedanken und Gefühle. Das ist so hilfreich, so einen Tag zu überstehen. Ich bin glücklich Sylvia zu haben, an so einem Tag noch einmal besonders.