…nun ist es vorbei. Gefühlt war das eine Ewigkeit, für mich war irgendwie die Zeit stehen geblieben. So intensiv waren die Monate. So zog sich die Zeit. So oft ging der Blick schmerzhaft zurück. So dominant war der Schmerz über den Verlust. So schwach der Blick nach vorne. So einsam war die Zeit, auch wenn ich ganz tolle Unterstützung von Freundinnen und Freunden hatte. Heute mittag hatte ich mit dem Gedanken an den Tag morgen erst ein Kloß im Hals und dann einen plötzlichen Weinkrampf, von 0 auf 100 und wieder zurück, einfach so… eben nicht so einfach. Heute deckt sich auch das Foto, was ich bei der Hunderunde gemacht habe mit meiner Stimmung. Heute Abend ist sie aber schon wieder besser. Und ich will einfach wieder einmal meine Gedanken niederschreiben.
Was hat sich dennoch bei mir, in mir getan?
Zu wissen, dass ich die Trauer aushalten kann, dass ich aus ihr immer wieder herausfinde und nun wieder meinen, wenn auch neuen Weg gehe, das spüre ich gerade und das ist schön so, bei aller verbliebenen Trauer, die trotzdem immer wieder heftig ausfallen kann. Da hätte ich vor ein paar Wochen noch nicht dran denken können. Die Trauer geht wohl nie, sie tritt nur gefühlt mehr an meine Seite, wird ein Teil meines Lebens, sie bestimmt mich nicht mehr so dominant und steht mir nicht mehr im Weg, anderes rückt nun auch wieder in den Vordergrund. Trotzig könnte man sagen: „Ich lass mir von meiner Trauer doch nicht vorschreiben, nicht auch glücklich zu sein.“ Diesen Satz las ich in einem Buch. Richtig glücklich wie früher, da bin ich wohl auch noch ein ganz weites Stück von entfernt, aber ich sehe den Weg und kleine Momente am Wegesrand. Mit meiner Fotografie habe ich diese Momente ja bewusst „therapeutisch“ versucht, sie immer wieder täglich zu finden. Zwischenzeitlich habe ich das nicht mehr wahrhaben wollen, habe es aber einfach weiter gemacht. Was waren Sybilles letzte ganz einfache Worte: „Mach das.“ Jetzt ist mir im Nachhinein bewusst geworden, wie wichtig das war, daran festzuhalten. Es war wie die tägliche Medizin, die man ja auch nehmen muss, um wieder gesund zu werden. Es ist auch ein gutes Gefühl, dies jetzt wieder einmal schriftlich festzuhalten, wie bei meinen Briefen an Sybille.
Viele Gedanken schwirren mir immer wieder durch den Kopf, aber erst mit dem Notieren kann ich sie „beruhigen“, zuende denken, sortieren und formulieren. Aber ich merke auch, ich bin erst am Anfang des Weges. Es geht bergauf, das ist manchmal sehr anstrengend. Aber wenn man den nächsten Ausblick erreicht hat, dann… Ich suche einfach jetzt mehr diese Ausblicke, diese kleinen Glückshäppchen. Wie der kleine Pilz, den ich auf dem Hundeplatz fand. Dann inszeniere ich was Schönes daraus.
Ein weiteres, etwas größeres Glückshäppchen ist z.B. die Dankbarkeit, dass ich meine liebe Sybille 35 Jahre haben durfte. Anderen ist so ein Glück so lange nicht beschert, wenn überhaupt. Das muss man sich einfach mal bewusst machen, dann… Schöne Erinnerungen stützen immer wieder diese Dankbarkeit.
Naja, einfach ist es trotzdem nicht, aber machbar, denke ich, hoffe ich… So möchte ich ganz bewusst (erstmal) ein weiteres halbes Jahr schaffen, und versuchen, es positiv zu gestalten, nun für mich alleine. Aber auch für Sybille, sie hätte es so sehr für mich gewollt. Das spüre ich, das weiss ich sogar. Schauen wir mal, was mich noch so ereilt…was das Leben für mich inszeniert hat. Vieles will ich jetzt ganz bewusst angehen, vieles weiss ich noch gar nicht und das ist auch gut so. Sybille wollte, dass ich wieder glücklich werde, ich „mach das“, versuche das.